Neurologische Erkrankungen

Die folgenden zwei neurologischen Erkrankungen sind relativ selten, müssen aber als Krankheitsursache immer mitberücksichtigt werden. Übersieht man sie, kommt es nicht selten zu falschen Behandlungskonzepten.

Neuralgische Schulteramyotrophie

Die Schulteramyotrophie (Parsonage-Turner-Syndrom) ist eine neurologische Erkrankung unbekannter Ursache. Bedingt wird sie durch eine Entzündung des Armnervengeflechts. Mehrheitlich ist der rechte Arm betroffen, auch beide Seiten können erkranken.

Erste Symptome sind ein reißender Schmerz in der Schulter, der einige Tage anhält. In der Folge kommt es zu Lähmungen der Schulter- und Oberarmmuskulatur. Die aktive Bewegung ist erheblich eingeschränkt, bei passiver Bewegungsfreiheit. Schnell kann es auch zu Verkümmerungen (Atrophien) der betroffenen Muskulatur kommen und das Bild eines hervorstehenden Schulterblattes erzeugen.

Entscheidend ist hier der Untersuchungsbefund. In einer neurologischen Untersuchung (Elektromyographie) können die betroffenen Nervenwurzeln und peripheren Nerven durch Zeichen der akuten Schädigung erkannt und die Diagnose gesichert werden. Ein MRT der Halswirbelsäule (HWS) sollte zum Ausschluss eines Bandscheibenvorfalls der HWS erfolgen.

Eine spezifische Therapie existiert nicht. Schmerzmittel werden nur symptomatisch angewendet, die Gabe von Kortikoiden ist umstritten. Von entscheidender Bedeutung ist die intensive Krankengymnastik und manuelle Therapie um die passive Beweglichkeit der Schulter zu erhalten. TENS und Biofeedbackgeräte können unterstützen. Da es sich um eine Lähmung handelt, müssen Bewegungsabläufe neu erlernt werden.

In 80 Prozent der Fälle heilt die Krankheit in zwei Jahren vollständig aus.

Das Nervus Suprascapularis Kompressionssyndrom

Als Nervus-Suprascapularis-Syndrom bezeichnet man eine Druckschädigung des N. suprascapularis in einer Knochenfurche am Schulterblatt.

Die Patienten geben typischerweise einen unspezifischen, dumpfen in den hinteren Anteil der Schulter ausstrahlenden Schmerz an. Überkopfbelastungen und das Liegen auf der Schulter verstärken den Schmerz.

Ursächlich dafür sind dortige anatomische Varianten mit Bandverknöcherungen und Knochenanbauten, aber auch exzessive wiederholte Überkopftätigkeiten im Alltag oder sportlicher Betätigung (Volleyball, Tennis, Baseball etc.). Sekundär können auch Schultergelenkszysten durch Verletzungen der Gelenklippe des Schultergelenkes und raumfordernde Prozesse wie Tumoren und Hämatome die Druckschädigung verursachen.

Bei der klinischen Untersuchung kann eine Verschmächtigung der Muskelbäuche des m. supraspinatus und infraspinatus imponieren und die für diese Muskelgruppen spezifischen klinischen Tests zeigen eine Kraftabschwächung. Der sogenannte O-Brien-Test und der Dehnungstest nach Lafosse sind häufig positiv. Eine Sicherung der Diagnose gelingt abermals durch eine neurologische Untersuchung (EMG und NLG). Im MRT lassen sich häufig Gelenkszysten, SLAP-Läsionen und eine fettige Degeneration der betroffenen Muskeln darstellen.

Sind keine massiven strukturellen Veränderungen vorhanden, empfiehlt sich zunächst die konservative Therapie mit Krankengymnastik, Manueller Therapie, TENS und Biofeedback. Überkopfbelastungen der Schulter sollten vermieden oder deutlich reduziert werden. Nach sechs Monaten sollte dann ein Kontroll-MRT erfolgen.

Eine operative Versorgung wird notwendig bei strukturellen Einklemmungen und nicht reversiblen und therapierefraktären Verläufen. Hierbei wird über eine minimalinvasive Arthroskopie (Gelenkspiegelung) die Ursache der Einklemmung behoben. Entweder bei SLAP-Läsion die Zyste abgesaugt und die Gelenklippe wieder verschlossen oder die knöcherne Einengung des N. suprascapularis durch eine knöcherne Dekompression durch eine Knochenabtragung und Einschneidung der entsprechenden Bandstruktur behoben.

Die Ergebnisse der arthroskopsichen Dekompression des N. suprascapularis und die Labrumrefixation und Zystenabsaugung sind gut. Kraft und Funktion sind nach einer Operation in über 75% der Fälle signifikant verbessert und der Schmerz deutlich reduziert. Die Rückkehr zur ursprünglichen sportlichen und beruflichen Tätigkeit ist in den meisten Fällen gegeben. Nach der Operation muss für insgesamt 4 Wochen eine Immobilisationsorthese getragen werden, bei begleitender, dem OP-Verfahren angepasster Frührehabilitation.